Gäbe es die Bunte Liste - Alternativen für Witzenhausen - Klimaliste nicht, wäre im gestrigen Haupt-, Finanz-und Rechtsauschuss wohl nur der Hundekotantrag der SPD verhandelt worden.
Zum Glück wurde den Fraktionen jedoch durch 4 Anträge der AfW eine weit ambitioniertere Lösungspalette für kommunalpolitische Herausforderungen offenbart – würden diese erstmal die Probleme erkennen.
Immerhin konnte den Fraktionen eine Mehrheit für die Umbenennung der Fabariusstraßeund somit das aktive Entnazifizieren des Witzenhäuser Straßenbilds, abgerungen werden. Anstelle der Umbenennung zugunsten eines vorgeschlagenenen Bediensteten der Kolonialschule wurde allerdings beschlossen, die Bewohner über den neuen Straßennamen abstimmen zu lassen – wir freuen uns über diesen Schritt und hoffen auf gute Vorschläge.
Eine weit mehr Partizipation erfordernde Maßnahme stieß hingegen auf Skepsis und höhnische Rückfragen – einen Corona-Beirat könne man sich in Witzenhausen nun wirklich nicht vorstellen und man wüsste auch gar nicht wozu der denn gut sein solle. Ein eiliger (höchst unlegitimierter) Krisenstab sei ja rasch gebildet worden und überhaupt entschieden ja Landes- und Kreisebene über diese Maßnahmen.
Schade, dass den Anwesenden nicht bewusst ist, wie wichtig gesellschaftlicher Zusammenhalt, Transparenz und das Durchbrechen des Ohnmachtsgefühl für gesellschaftliche Stabilität in der Krise ist. Wir setzen uns weiter dafür ein, den Unerhörten in gemeinwohlorientierten Beteiligungsgremien ein Forum zu bieten, da die Verwaltung momentan nicht einmal weiß, was sie nicht weiß. Auch außerhalb pandemischer Zustände fordern wir einen Witzenhäuser Resilienzbeirat für soziale Nachhaltigkeit.
Die SPD nahm immerhin konstruktiv Teile des Antrags auf und stellte sich hinter die AfW-Forderung, die Digitalisierung für Anhörungen vermehrt zu nutzen sowie den Magistrat mit einer Innenstadtstrategie für die finanzielle Unterstützung des lokalen Einzelhandels zu beauftragen. Es wurde angemerkt, dass weitere 50 000 € seitens der Stadt auf Unterstützung bei der Digitalisierung von lokalen Einkaufsangeboten sowie zum Ausstellen von Gutscheinen eingeplant seien.
Dass Sitzungen zu Pandemie-Zeiten regelmäßig und unter Anleitung fachlich versierter Moderator*innen onlinestattfinden könnten und vielleicht sogar noch öffentlich übertragen werden könnten war den Anwesenden dann aber doch zu neu und zu bunt.
Auch außerhalb eines Antrags zeigte ein Redebeitrag von Christian Platner zur untragbaren Lage der diesjährigen Schwimmbadschließung, dass seitens der Verwaltung ganz klar kein Bedarf gesehen werde, Daseinsvorsorge nicht ernst genommen wird und keinerlei Anstrengung zum Entgegenkommen der Demonstrierenden von Montag unternommen wurde. 7000 Eintritte in der letzten Saison sind vielleicht nicht viel, jedoch kein Grund den WitzenhäuserInnen vor den Kopf zu stoßen und lapidar zu behaupten, jeder könne es sich leisten mit dem Auto nach Bad Sooden ins Bad zu fahren. Der Grüne See hatte übrigens im letzten Jahr ebenfalls eine „verkürzte Öffnungszeit“ - aufgrund der Algenblüte, die sicher dieses Jahr keine Ausnahme macht.
Zum Thema CoWorking und Innovationszentrum waren die Reaktionen abstrus bis widersprüchlich – die Walburger Str. 2 sei besetzt und wo etwas frei ist könnte es einsturzgefährdet sein, vielleicht weiß man es aber auch nicht genau. Muss sich ja auch blöd anfühlen, ein Thema einfach nicht aus der Schublade zu bekommen.
Auf jeden Fall sollen wir das nächste Mal erstmal nachfragen, ob denn daran gearbeitet wird – das klingt vielversprechend. Falls da was passiert, kann es nur leider niemand von irgendwoher mitbekommen, denn öffentliche Sitzungen oder Online-Ankündigungen sind ja wieder zu aufwendig.
Der Antrag hat uns immerhin eine gewisse Anspannung offenbart.
Unser Antrag zum Blumenhaus wurde mit dem leidigen Verweis auf mangelnde Zuständigkeit abgelehnt, dennoch war Empathie im Raum. Die Podiumsdiskussion der Seebrücke hat hier Bewusstsein geschaffen. Die Grünen griffen das Thema für eine Sondersitzung des Sozialausschusses auf, auch um darin ganz genau zu beleuchten, was von wem wirklich getan wird, was davon ausreicht und wo mehr getan werden muss. Für die Lage im Blumenhaus kann damit nichts bewirkt werden – der Vorschlag hat aber das Potenzial, zu einer Neuausrichtung der Zuständigen und damit verbunden zu einer erhöhten Aufmerksamkeit bezüglich der Lebensumstände Geflüchteter in Witzenhausen zu führen.